Quo vadis Telemedizin? Patientenkommunikation in Zeiten von COVID-19

Telemedizin, also eine medizinische Leistung über räumliche Entfernung oder zeitlichen Versatz, ist nur einer von vielen Aspekten der Digitalisierungsbewegung im Gesundheitswesen.1,2

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Telemedizin, also eine medizinische Leistung über räumliche Entfernung oder zeitlichen Versatz, ist nur einer von vielen Aspekten der Digitalisierungsbewegung im Gesundheitswesen.1,2

Aber wo stehen wir in diesem Punkt aktuell und was sind Möglichkeiten, die bisher nicht genutzt werden?

Klar ist: COVID-19 hat die Patientenkommunikation nicht grundlegend verändert, aber digitale Kanäle neu in den Fokus gerückt und ohnehin anstehende Veränderungen beschleunigt. Angetrieben von der Sorge vieler Patienten, sich in der Praxis zu infizieren, hatte die Pandemie eine erhebliche Schubwirkung auf das Format der Videosprechstunde,3 in vielen Praxen wurden zudem vermehrt Tabletsysteme für eine strukturierte Datenerfassung eingeführt, und das eRezept wird langsam aber sicher in regionalen Modellprojekten etabliert.

Dennoch sind wir noch lang nicht so weit, wie wir sein könnten. Beispielsweise wird in anderen Ländern bereits viel stärker mit digitalen Therapiebegleitern, Online-Fragebögen, automatisierter Erfassung von Vitalparametern oder Erinnerungssystemen per eMail oder SMS gearbeitet.

Dr. Axel Naumann, niedergelassener Gastroenterologe in einer Gemeinschaftspraxis in Grevenbroich, sieht enormes Potenzial in der Telemedizin:

Optimale Patientenversorgung mit bestmöglicher Krankheitskontrolle          

Verbesserung des Krankheitsverständnisses

Steigerung der Adhärenz

Strukturierte Erfassung und optimierte Nutzung von Daten: Standardisierte Fragebögen sowie die digitale Erfassung von Biomarkern und Ableitung von Handlungsempfehlungen durch künstliche Intelligenzen könnten zukünftig dazu führen, dass MFAs zur primären Kontaktperson in der ärztlichen Praxis werden und auch selbst Videosprechstunden anbieten.

Darüber hinaus bieten Telemedizin und eine allgemeine Digitalisierung im Gesundheitswesen perspektivisch gute Lösungsansätze für viele aktuelle Versorgungsprobleme, unter anderem

  • Verbesserte Versorgung in (fach)medizinisch unterversorgten Regionen
  • Stärkerer Austausch zwischen den einzelnen Behandlern (Hausarzt, Gastroenterologe, Klinikärzte, weitere Fachärzte)
  • Geringerer Zeitaufwand für Administratives mehr Zeit für Patienten
  • Schnellere Erkennung von Risikosituationen und Möglichkeit zur frühzeitigen Intervention (z.B. direkte Erkennung von Wechselwirkungen mit Medikamenten, die an anderer Stelle verordnet wurden, durch Einführung der digitalen Patientenakte)

Auch glauben 80% der Patienten, dass die Behandlungsqualität durch besseren Austausch mit zunehmender Digitalisierung im Gesundheitswesen steigt, 65% denken zudem, dass Krankheiten besser behandelbar werden.4

Datenschutzrechtliche und ethische Diskussionen sind aktuell das größte Hindernis auf dem Weg zu vollumfänglicher Digitalisierung der Gesundheitsversorgung – aber auch hohe Kosten für Anschaffung und Einarbeitung in neue Systeme bei noch begrenzter Datenlage stehen der Entwicklung im Wege. Dr. Naumann ist sich dennoch sicher, dass die Veränderungen kommen werden – und dass diese Transformation aktiv von den Behandlern mitgestaltet werden sollte.

  1. Bundesärztekammer. Telemedizin. unter: https://www.bundesaerztekammer.de/aerzte/telematiktelemedizin/telemedizin/ (zuletzt abgerufen am 08.11.2020)
  2. Telemedizinische Methoden in der Patientenversorgung – Begriffliche Verortung, AG-Telemedizin der Bundesärztekammer 20.03.2015
  3. bitkom. Deutschlands Patienten fordern mehr digitale Gesundheitsangebote. unter: https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Deutschlands-Patienten-fordern-mehr-digitale-Gesundheitsangebote (zuletzt abgerufen am 20.11.2020)
  4. Techniker-Krankenkasse. TK-Meinungspuls Gesundheit. 2017.