Telemedizin: Gekommen um zu bleiben?
In dem Tandem-Talk „I want to see my patients in person vs. I can manage my patients remotely“ erörterten zwei Experten kritisch die Fragen: Welche Vor- und Nachteile hat die Telemedizin aus Sicht der Patient*innen und des Fachpersonals? Wird die Telemedizin auch in den Zeiten nach der Pandemie eine Rolle spielen und wenn ja, welche? Es zeigte sich schnell, dass es reichlich Argumente sowohl für den Einsatz von Telemedizin als auch dagegen gibt.
Vor- und Nachteile von Telemedizin2-4,6,7
- Vorteile:
- Reduktion der Präsenzbesuche
- Weniger Reiseaufwand für Patient*innen, die weit entfernt wohnen
- Mehr freie Ressourcen des Fachpersonals für akute Fälle
- Höhere Therapietreue
- Reduziertes Risiko von Hospitalisierungen
- Verringerung der Versorgungskosten
- Reduktion der Fehlzeiten in der Schule
- Nachteile:
- Problemfaktor: Die richtigen Patient*innen6
- Hohes Alter
- Einschränkungen: Sehen, Hören
- Analphabetismus
- Präferenzen der Patient*innen (Akzeptanz oder Ähnliches)
- Kommunikation zwischen Fachpersonal und Patient*innen (Empathie, persönliche Verbindung aufbauen, reflektives Zuhören)6
- Physische Untersuchungen sind nicht möglich6
- Psychosoziale Faktoren könnten übersehen werden (Fehlende menschliche Interaktion, Fachpersonal kann nicht auf non-verbale psychosoziale Indikatoren reagieren)6
- Schulung des zukünftigen Fachpersonals (psychosoziale Indikatoren in der Praxis bei Patient*innen zu erkennen)6
In einem waren sich die Referenten aber einig – die Vorteile sprechen für sich und Telemedizin ist gekommen um zu bleiben. Aber es wird wohl ein Hybridmodell notwendig sein, um allen Patient*innen mit ihren individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen gerecht zu werden. Es brauche eine Balance zwischen Telemedizin und Präsenzkontakten und darin liege wahrscheinlich auch die Zukunft, so die Referenten. Patient*innen müsse man auch ab und zu mal sehen, denn nur so ließe sich über Indikatoren wie Gangbild und die generelle Erscheinung einen Eindruck über den Gesamtzustand der Patient*innen gewinnen, stimmt auch eine Teilnehmerin zu. In Deutschland steckt die Telemedizin noch in den Kinderschuhen und das konnte die Corona-Pandemie auch nicht so schnell ändern. Aber es hat ein Umdenken stattgefunden, berichtet eine Teilnehmerin. In Ihrer Praxis wollen sie jetzt ein Konzept für eine Schwesternsprechstunde entwickeln, bei der die Patient*innen sowohl virtuell als auch vor Ort teilnehmen können.
Aber auch auf Bundesebene werden die Weichen für den vermehrten Einsatz von Telemedizin in der Versorgung gestellt. So wurde bereits im Juni 2021 das Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG) auf den Weg gebracht, mit dem Ziel telemedizinische Leistungen zu stärken.8 Aber gerade spezialisierte Fachkräfte, wie CED-Fachassistenzen, werden noch nicht berücksichtigt. Leistungen wie virtuelle Schulungen für Patient*innen im Umgang mit ihrer Erkrankung und der Therapie können noch nicht abgerechnet werden, so eine Teilnehmerin. Es sind noch rechtliche Rahmenbedingungen nötig, um eine telemedizinische Versorgung in der Praxis umsetzen zu können. Neben den rechtlichen Grundlagen sei aber vor allem entscheidend, ob das Fachpersonal im Einzelfall den Patient*innen eine telemedizinische Versorgung zutraue und ob dies seitens der Patient*innen auch gewünscht sei, resümieren die Referenten.