Komplementärmedizin bei CED Von Yoga bis Kurkuma – was ist dran?

Unter Schulmedizinern herrscht trotz stetig steigendem Interesse innerhalb der Gesellschaft häufig Skepsis gegenüber naturheilkundlichen und alternativen Therapiekonzepten. Im Gegensatz dazu bewertet die deutsche Bevölkerung diese Therapieverfahren durchaus positiv:
73% der Befragten über 16 Jahren haben bereits selbst Erfahrungen mit Naturheilmitteln gesammelt – und auch 51,3% der CED-Patienten geben an, sich schon einer Behandlung mit einem naturheilkundlichen Therapieverfahren unterzogen zu haben.1-4

Prof. Dr. Jost Langhorst, Chefarzt der Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde am Klinikum am Bruderwald (Sozialstiftung Bamberg) und Co-Autor der S3 Leitlinie zu Colitis Ulcerosa (Stand: 2019) betont diesbezüglich, dass komplementärmedizinische Ansätze nie als Ersatz oder Alternative zu konventioneller Medizin gesehen werden sollte.1 Vielmehr bedeutet das Konzept der integrativen Gastroenterologie eine Verbindung konventioneller Medizin mit evidenzbasierter Naturheilkunde sowie einer Lebensstilmodifikation – und eben diese ergänzende Verbindung bewertet auch die WHO als Best Practice.1

Integrative Gastro

Naturheilkunde und Komplementärmedizin

Wenn auch von CED-Patienten häufig in Eigenregie eingesetzt, existieren zu homöopathischen Arzneimitteln bisher keine Studien zum Einsatz bei CED! Im medizinischen Alltag greifen Experten gern auf Akupunktur zurück; diese wird auch in der S3-Leitlinie zu Colitis Ulcerosa (Stand: 2019) als komplementäre Maßnahme im leichten bis moderaten Schub genannt.1 Einen ebenso großen Stellenwert hat die Phytotherapie:

Plantago ovata (Flohsamen)1Achtung: nicht bei Stenosen einnehmen!5.

Myrrhe, Kamillenblütenextrakt und Kaffeekohle in Kombination1

Curcumin komplementär zu einem Aminosalizylat - Curcumin steht in Deutschland jedoch nicht als Arzneimittel zur Verfügung1      

Zusätzlich können naturheilkundliche Selbsthilfestrategien wie feucht-warme Leibwickel und Auflagen (z.B. mit Kümmelöl) oder Kräutertees Beschwerden wie Blähungen lindern, die zwar rein medizinisch weniger relevant sind, für Patienten aber einen großen Leidensdruck bedeuten.

Mind-Body-Medizin

Ziel des dritten Bausteins ist, Patienten in die dauerhafte Integration gesundheitsfördernder Elemente in ihren Alltag zu begleiten. Denn: Faktoren wie Stress, unausgewogene Ernährung oder Luftverschmutzung haben nachweislich negative Auswirkungen auf die Gesundheit.6

Prof. Dr. Langhorst empfiehlt deshalb:1,7,8

  • Leichte mediterrane Vollwertkost, zusätzlich subjektiv unverträgliche Lebensmittel meiden (Tipp: Ernährungsprotokoll führen – hier auch auf mögliche Lactoseintoleranz achten)
  • Bei Stenosen: ballaststoffarm ernähren, faserige Lebensmittel (ungeschältes Obst, Salat etc.) meiden
  • Sportliche Betätigung bzw. regelmäßige Bewegung nach individuellen Möglichkeiten (z. B. Yoga, Walking oder Schwimmen – bei Einschränkungen wie Stoma oder Verwachsungsbauch bewegungsärmere Alternativen wie Tai-Chi oder QiGong)
  • Stressreduktion, z.B. durch Achtsamkeitsübungen, Autogenes Training, Meditation oder Yoga 
  • Verhaltenstherapeutische Maßnahmen und Annahme sozialer Unterstützung

Übrigens: 91,7% der Befragten CED-Patienten würden eine Kombination von Komplementärmedizin mit schulmedizinischen Verfahren innerhalb einer Klinik begrüßen.3,4 Wenn auch Ihre Patienten eine begleitete Einführung in das Konzept integrativer Gastroenterologie wünschen, empfiehlt Prof. Langhorst eine multimodale CED-Therapie mit stationärem Aufenthalt über 2 Wochen.

Referenzen
  1. Kucharzik T et al. Aktualisierte S3-Leitlinie Colitis ulcerosa. Z Gastroenterol 2019; 57: 1321–1405.
  2. Institut für Demoskopie Allensbach. Naturheilmittel 2002 - Wichtigste Erkenntnisse aus Allensbacher Trendstudien. unter: https://www.ifd-allensbach.de/fileadmin/studien/6326_Naturheilmittel_20… (zuletzt abgerufen am: 08.11.2020).
  3. Langhorst, J et al. Inflamm Bowel Dis. 2005 Mar;11(3):287-95. doi: 10.1097/01.mib.0000160771.71328.6c.
  4. Langhorst, J et al. Complement Ther Med. 2007 Mar;15(1):30-7. doi: 10.1016/j.ctim.2006.03.008.
  5. Lesk, M. Gute Samen für den Darm? Bauchredner 3/2016: 66-67.
  6. Rogler G, Vavricka S. Inflamm Bowel Dis. 2014 Oct 28
  7. Langhorst, J et al. Scand J Gastroenterol. 2007 Jun;42(6):734-45. doi: 10.1080/00365520601101682.
  8. Elsenbruch, S; Langhorst J et al. Psychotherapy and Psychosomatics, 2005;74(5):277-87. doi: 10.1159/000086318.