Wenn Beruf und CED-Therapie zusammenpassen müssen

Die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und chronischer Erkrankung kann durchaus selbst für gut eingespielte Teams herausfordernd sein – insbesondere, wenn eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung nicht allein kommt.

  • Bei ca. 10% der Patient*innen sind Fisteln eine der häufigsten Komplikationen des Morbus Crohn und treten als Erstmanifestation dessen auf.1
  • Mit einem Anteil von 54%–65% aller Crohn-Fisteln sind perianale Fisteln der häufigste Typ.2

Dr. med. Roland Scherer betont deshalb, auch für die Fachassistenz sei wichtig, gut über das Fistelleiden von CED-Patient*innen sowie die besprochenen Eingriffe und Therapien informiert zu sein.3 Denn: das kumulative Risiko für perianale Fisten liegt 10 Jahre nach der Diagnose bei knapp einem Fünftel aller Morbus-Crohn-Patient*innen – nach 20 Jahren sogar bei einem Viertel!4 Dabei ist Rauchen der größte bekannte Risikofaktor.5 Neben den unangenehmen Symptomen der Fisteln selbst (Schmerzen, Einschränkungen in der Mobilität, Ausfluss) belasten die Nebenwirkungen der Therapien und die Auswirkungen auf das emotionale Wohlbefinden (z. B. Angst vor langen Fehlzeiten und das Gefühl, nie richtig sauber zu sein) die Patient*innen enorm.6

Fisteln ohne Crohn seien meist unproblematisch zu behandeln, während Crohn-Fisteln chirurgisch deutlich komplexer sind, da sie nicht einfach gespaltet werden können, so Dr. Scherer. Die Daten für rein chirurgische Eingriffe seien in dieser Kombination, so seine Einschätzung, wenig überzeugend. Umso begeisterter berichtet er von der innovativen Option einer Therapie mit Stammzellen (MSC).

Dr. med. Carsten Büning fasst zusammen: Bei solch komplexen Patient*innen bedarf es unbedingt eines interdisziplinären Teams und viel Geduld auf allen Seiten – insbesondere bei den Patient*innen. Die Kontrolle der Krankheitsaktivität und die Behandlung des Fistelleidens aufeinander abzustimmen, ist nur möglich, wenn eine enge Zusammenarbeit im gesamten Verlauf der Behandlung aufrechterhalten wird.

Schmerzmanagement als Baustein interdisziplinärer CED-Therapie

In den bundesweiten und regionalen Workshops wurde unter dem Aspekt interdisziplinärer Zusammenarbeit auch das Thema Schmerzmanagement diskutiert. So betonten alle Workshop-Leiterinnen, dass zwischen akutem Schmerz mit einem klaren Auslöser und chronifiziertem Schmerz, dem teilweise keine klare Ursache mehr zugeordnet werden kann, differenziert werden muss. Denn die beiden Schmerzarten unterscheiden sich deutlich im jeweiligen Therapieziel.  

Bei einem „neuen“ Schmerz, beispielsweise nach einem operativen Eingriff wie oben geschildert, sei die kurzfristige Schmerzreduktion oberstes Ziel, damit sich der Schmerz erst gar nicht chronifizieren könne. Kürzere Liegedauer, eine schnelle Mobilisation und letztlich eine höhere Patient*innenzufriedenheit seien bei guter, wirksamer Schmerzmedikation realistische und wünschenswerte Ziele, so Sonja Koch. 

Doch auch bei chronischen Erkrankungen, die immer wieder mit Schmerzen einhergehen, sei es  wichtig, eher mit Schmerzmitteln gegenzusteuern und gegebenenfalls auftretende Nebenwirkungen zu behandeln als den Schmerz ohne Medikamente „auszusitzen“. Dies führe nämlich langfristig vielmehr zu einer Chronifizierung des Schmerzbildes. Im ersten Schritt, so ihre Empfehlung, sollten Behandler*innen im Rahmen einer detaillierten Schmerzanamnese eine Vertrauensbasis zu den Patient*innen aufbauen – so würden Empfehlungen meist deutlich konsequenter umgesetzt. Für eine umfangreiche Beratung sollten Patient*innen idealerweise ein Schmerztagebuch auf Basis der NRS#-Skala führen und auch dokumentieren, ob bereits Maßnahmen ergriffen werden. In diesem Zuge ergänzt sie auch, vielen Patient*innen sei gar nicht bewusst, dass NSAR bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen gemieden werden sollten. In Rücksprache mit dem*der behandelnden Arzt*Ärztin werden folgend sowohl passende Schmerzmedikamente als auch deren eventuelle Nebenwirkungen besprochen. In regelmäßigen Abständen sollte der Behandlungserfolg reevaluiert und durch den*die Arzt*Ärztin gegebenenfalls angepasst werden.

Patient*innen, die komplementären Therapieformen offen gegenüberstehen, empfehlen Birgit Pöffel und Karin Menzel gern auch Maßnahmen und Aktivitäten wie beispielsweise Yoga, Autogenes Training, Akupunktur oder Massagen – aber auch soziale Medien und den Austausch in Selbsthilfegruppen. Denn vielen Patient*innen helfen diese ergänzenden Tipps in der Schmerzwahrnehmung und -bewältigung.

  1. Schwartz et al. Gastroenterology. 2002;122:875–880
  2. Bell et al. Aliment Pharmacol Ther. 2003;17:1145-51
  3. O’Connor et al. N-ECCO Consensus statements on the European nursing roles in caring for patients with Crohn’s disease or ulcerative colitis. Journal of Crohn’s and Colitis. 2013. doi: 10.1016/j.crohns.2013.06.004
  4. Schwartz et al. Gastroenterology. 2002;122:875-80.
  5. Nunes et al. Aliment Pharmacol Ther. 2013; 38(7):752-760.
  6. Adegbola et al. Gut. 2020;0:1–8.
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